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Bildung ist Familiensache

Josephine, Juliane und Johanna sind Schwestern. Drei Schwestern, drei Lehrerinnen in Thüringen. Ein Gespräch über den besonderen Familien-Job.

Erfahrungen, Motivationen und Herausforderungen

Josephine, Juliane und Johanna sind Schwestern. Drei Schwestern, drei Lehrerinnen in Thüringen. Ein Gespräch über die Herausforderungen & Besonderheiten.

Sprechblase

Die nächstliegende Frage zuerst: sind Ihre Eltern Lehrer?

Josephine: Nein, auch sonstige Verwandte meines Wissens nicht. Unsere Mutter war Krankenschwester und unser Vater im Einzelhandel bzw. später in einer Solarfirma tätig. Mittlerweile sind beide in Rente.

Wie kam es dann dazu, dass Sie sich alle drei für das Lehramt entschieden haben?

Josephine: Ich bin mir ziemlich sicher, dass ich das zuerst von uns Dreien wusste, obwohl ich die Jüngste bin. Ich kann mich nicht daran erinnern, jemals einen anderen Berufswunsch gehabt zu haben. Ich habe das schon während der Grundschulzeit für mich entschieden. Als Kind habe ich gern mit Lego gespielt. Die Polizeistation war schon der Knüller, aber am häufigsten habe ich Klassenräume gebaut und meine kleinen Figuren unterrichtet. Davon berichtet unsere Mutter heute noch oft.

Juliane: Ich wollte eigentlich zum Bundesgrenzschutz, aber das war 1997/98 noch schwierig für Frauen, und so kam ich ins Lehramt, weil ich gerne mit Menschen gearbeitet habe und auch im Vereinssport tätig war. Da lag das Grundschullehramt nahe.

Johanna: Für mich stand eigentlich schon sehr früh fest, dass ich einen pädagogischen Beruf erlernen möchte, in dem das menschliche Miteinander eine Rolle spielt.

Interview break 1

Warum unterrichten Sie in drei unterschiedlichen Schularten? War das auch eine Frage der Abgrenzung?

Johanna: Wir sind zwar Schwestern, aber haben sehr unterschiedliche Charaktere. Meiner kleinen Schwester gelingt der Kontakt zu Jugendlichen sehr gut, meine große Schwester kann wiederum gut mit Grundschulkindern. Und ich kann eine gute Beziehung zu Schülern mit Entwicklungsbesonderheiten aufbauen.

Josephine: Als ich selbst als Kind noch in der Grundschule war, wollte ich gern Grundschullehrerin werden. Das hat sich an der weiterführenden Schule geändert und manifestiert. Mir war dann klar, dass ich gern ältere Schüler unterrichten möchte. Nach dem Abitur habe ich mich in Erfurt fürs Regelschullehramt und in Jena fürs Gymnasium beworben. Die Verbundenheit zu meiner Heimatstadt Erfurt hat mir die Entscheidung, für die ich heute noch sehr dankbar bin, dann abgenommen.

Was ist das besondere für Sie an Ihrer konkreten Schule und mit der jeweiligen Fächerkombination?

Juliane: In der Grundschule, in der ich arbeite, werden die Klassen jahrgangshomogen unterrichtet. Das schätze ich genauso wie das Kollegium und die Arbeit mit der Schulleitung auf Augenhöhe.

Josephine: Meine Schule ist schon seit geraumer Zeit diejenige mit dem höchsten Migrationsanteil in Thüringen. Das macht den Alltag sehr spannend und abwechslungsreich. Ich habe das Gefühl, dass ich dort genau richtig bin und viel bewirken kann. Die Schulart Regelschule gefällt mir sehr gut. Je nach Klassenstufe hat man es mit Kindern oder jungen Erwachsenen zu tun. Die Kleinen sind meist motivierter und begeisterungsfähiger, aber auch wilder und vor allem lauter. Mit den Großen kann man wichtige Themen auf Augenhöhe diskutieren.

Wir arbeiten mit einer sehr heterogenen Schülerschaft, da reicht die Spanne von Kindern mit Lernschwierigkeiten bis hin zu jenen, die nach der 10. Klasse noch ihr Abitur machen und studieren gehen – ein Querschnitt durch die Gesellschaft quasi. Das gefällt mir sehr gut.

Johanna: Ich arbeite mit Schülerinnen und Schülern, die pädagogischen und sonderpädagogischen Förderbedarf haben. Ich unterstütze sie zum Beispiel dabei, lesen zu lernen. Das kann im gemeinsamen Unterricht sein. Dann bin ich als zusätzliche Lehrkraft im Unterricht und vereinfache zum Beispiel das Lernmaterial, damit die Schülerinnen und Schüler die Inhalte besser erfassen können. Aber auch Schülerinnen und Schüler mit Verhaltensauffälligkeiten, Sehbeeinträchtigungen oder körperlichen Beeinträchtigungen erhalten durch mich als Förderlehrerin besondere Unterstützung.

Interview break 2

Tauschen Sie sich viel untereinander aus und worum geht es dabei?

Johanna: Da wir in unterschiedlichen Schularten arbeiten, tauschen wir uns eher wenig inhaltlich aus. Allerdings kommt es sehr häufig vor, dass wir Fragen des Schulalltages gemeinsam besprechen. Neben besonderen Erlebnissen sprechen wir aber zum Beispiel auch über „den perfekten Korrekturstift“.

Josephine: Hin und wieder habe ich mir bei Juliane Grundschulmaterialien geborgt, wenn Kinder die Schreibschrift oder die Uhr in der 5. Klasse noch nicht konnten. Ansonsten geht es auf jeden Fall mehr um den Schullalltag, um Schulleitung, Kollegium und die ein oder andere Besonderheit bei den Schülerinnen und Schülern.

Juliane: Ja, wir reden viel über das Klima, über Schulentwicklung und konkrete Situationen.

Welche Herausforderungen sehen Sie aktuell für das Bildungswesen?

Juliane: Der Umgang mit verhaltensauffälligen Schülerinnen und Schülern ist eine Herausforderung, die Integration der Geflüchteten eine andere.

Josephine: Der Lehrermangel ist ein Problem, das in aller Munde ist, mein eigenes Berufsleben aber noch nicht besonders einschränkt. An meiner Schule können wir die meisten Fächer aktuell ganz gut abdecken. Wir hatten das Glück, bereits durch einige sehr kompetente Seiteneinsteigerinnen und Seiteneinsteiger ergänzt zu werden. Ich bin also sehr gespannt darauf, wie sehr ich persönlich diesen Lehrermangel noch zu spüren bekomme.

Johanna: Der Personalmangel ist derzeit die größte Herausforderung, mit der ich konfrontiert bin. Die den Schulen zustehenden Stunden zur Förderung können nicht annähernd durch Förderlehrer besetzt werden. Die Klassen werden immer heterogener und es gibt viele Schüler mit Entwicklungsbesonderheiten. Das kann ein einziger Lehrer in einer Klasse mit 28 Schülern nur schwer bewältigen. Daher sind multiprofessionelle Teams an Schule so wichtig.

Interview break 3

Warum sollten junge Leute Lehrerin oder Lehrer werden?

Johanna: Der Lehrerberuf ist unfassbar abwechslungsreich, und man wächst stetig an den Herausforderungen. Es ist dabei einfach schön zu sehen, wie meine Schülerinnen und Schüler Fortschritte machen, und es braucht gerade Förderpädagoginnen und -pädagogen an den Schulen, die auch die kleinen Fortschritte sehen und den Schülerinnen und Schülern, trotz ihrer Besonderheiten Lernstoff vermitteln können. Letztlich ist der Lehrerberuf natürlich auch ein sicherer Beruf. Thüringen verbeamtet Lehrkräfte, so dass man auf ein sehr gutes Einkommen zurückgreifen kann.

Josephine: Der Lehrerberuf ist bei allem Stress – es ist wirklich stressig – ein wahnsinnig abwechslungsreicher und spannender Beruf mit Tradition und Zukunft. Selbstwirksamkeit spielt dabei für mich eine ganz besondere Rolle. Ich habe bei allem Stress das Gefühl, etwas Sinnvolles zu tun und jungen Menschen wirklich helfen und sie in ihrer Entwicklung unterstützen zu können. Das macht mich zufrieden, oft auch glücklich.

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